Basics – Der Rückruf
Der Rückruf ist eines der wichtigsten Signale, die wir mit unserem Hund lernen. Die Ausdrucksweise “wir mit unserem Hund lernen” ist genau so gemeint. Wenn der Hund lernen soll immer auf Signal zurück zu kommen, müssen wir auch lernen, wie wir uns für den Rückruf interessant genug machen bzw relevant genug machen.
Warum ist der Rückruf so wichtig?
Ein sicheres Signal, dass dazu führt, dass unser Hund direkt zu uns zurück kommt schützt:
- unseren Hund vor der Umwelt (anderer Hund, Auto, …)
- unserer Umwelt vor unserem Hund (ein Mensch mit Angst vor Hunden, anderer Hund, …)
Das Wort “schützen” kann dabei viele Bedeutungen haben. Angefangen dabei, andere Menschen oder Hunde vor Belästigung schützen bis hin zum Schutz vor Unfällen mit Verletzungen oder Tod als Folge.
Was ist die Herausforderung beim Rückruf?
Die größte Herausforderung ist die Konkurrenz mit der Umwelt. Vor allem beim Spaziergang laufen wir von einer spannenden Situation in die Nächste. Wir konkurrieren mit Gerüchen, Passanten, Geräuschen, anderen Hunden, … einfach mit allen Interessen unseres Hundes, die entweder die Neugierde wecken (neue Gerüche, entgegenkommende Menschen) oder Situationen, die unserem Hund schonmal ein Erfolgserlebnis bereitet haben (z.B. Begrüßung eines bekannten Menschen, Jagdglück)
Wie können wir diesen Herausforderungen entgegenwirken?
Da gibt es zwei Grundsätze:
- sei spannender/attraktiver als die Umwelt
- verhindere Erfolgserlebnisse
Wie unser Hund den Rückruf erlebt
Erste Phase – Lösen aus seiner Welt:
Unser Hund ist beispielsweise beim Spaziergang über die Wiese in seiner Nasenwelt unterwegs. Untersucht welcher Nachbarshund hier vor ein paar Stunden noch unterwegs war, wie es ihm so geht und was er hier so entdeckt hat, nebenbei hüpft ein lustiger Grashüpfer vor seiner Nase vorbei und von weitem hört er das Auto vom Postboten, den er doch schon lang mal persönlich kennen lernen wollte. Alle seine Sinne sind beschäftigt und erkunden die Umwelt. Dann kommt irgendwo links hinter ihm das bekannte Signal seiner Menschen, bei dem es sich (im besten Fall) des öfteren schon gelohnt hat deren Nähe aufzusuchen.
Zweite Phase – Abwenden vom spannenden Reiz:
Jetzt dreht sich dein Hund zu dir und bewertet ob er sich vom derzeitigen Ort lösen soll, oder ob es vielleicht sich doch mehr für ihn lohnt noch ein bisschen weiter zu schnüffeln.
Dritte Phase – Die Distanz bis zum Menschen zurücklegen
Ist dein Hund dann schon auf dem Weg, begegnen ihm immer wieder neue Reize. Eine Kanninchenspur, die gerade von links nach rechts an ihm vorüber geht, zwei Schritte weiter hat der Nachbarshund markiert, nochmals fünf Schritte weiter startet hinter seinem Menschen ein Fischreiher in die Lüfte, ….
Vierte Phase – “Jetzt bin ich doch da”
Hat unser Hund allen Konkurrenzveranstaltungen getrotzt und den Weg zu seinem Menschen gefunden, dann ist er ja schonmal da. Na und jetzt? Wie gehts weiter? Ists erledigt wenn der Hund es bis einen Meter vor seinen Menschen geschafft hat, oder kann er sich diese Mühen das nächste mal sparen?
Wie ihr seht beinhaltet ein Rückruf wahnsinnig viele Herausforderungen für unseren Hund. Dem ganzen stellen wir dann ein knappen “HIER” entgegen. Im blödsten Fall, ist das Spannendste, was unser Hund dabei erleben kann ein lustiges Rennspiel mit uns, sollte er in einer der 4 Phasen sich doch für einen anderen Weg entscheiden.
Tipps vom Hundling für einen sicheren Rückruf
Mach dich interessant für deinen Hund
Interessant und wichtig für meinen Hund muss ich während des ganzen Spaziergangs sein. Gassi gehen ist Qualityzeit mit meinem Hund in der wir gemeinsam etwas erleben wollen. Desto weniger Interaktionen ich mit meinem Hund während der Zeit draussen hab, desto mehr muss mein Hund sich etwas anderes suchen, was er mit der Zeit angfangen kann. Hab ich einen “Wachhund”, wird er anfangen zu wachen und bewachen, hab ich einen Jagdhund wird er anfangen nach Geruchsspuren oder Bewegungsreizen zu suchen, hab ich einen Welpen wird er lernen, dass beim Gassi alles neu und spannend ist und er die Welt auch ohne seinen Menschen entdecken kann, …
- spiele mit deinem Hund
- erkunde die Umwelt mit deinem Hund
- lass ihn Tricks machen oder über deine Basissignale mit ihm
- verstecke Kekse oder Spielzeug
Rufe öfter in langweiligen Situationen
Ich selber habe Fehler bei meinem ersten Hund gemacht, dass mein Rückruf einen spannenden Umweltreiz für ihn ankündigt. Lange Zeit hat Rocko beim Rückruf erst mal mit erhobenem Kopf und erhobener Rute die Umwelt abgecheckt bevor er auf den Weg zu mir gemacht hat. Deswegen sollten wir uns angewöhnen den Rückruf 8 von 10 mal ohne Ablenkung zu gestalten. Der Rückruf sollte für unseren Hund das spannendste sein, das ihm gerade geboten wird.
Setze dein Rückrufsinal …
- auf kurze Distanz zum Hund
- wenn dein Hund bereits auf dem Weg zu dir ist
- wenn er sich gerade von einem Reiz löst
Management oder “Erfolge verhindern”
Die Schleppleine verhindert die Verselbständigung unseres Hundes. Sie ist unser Sicherheitsanker, der zum einen dazu führt, dass wir gar nicht erst rufen müssen, wenn wir nicht sicher sind ob unser Hund jetzt auch zurückkommen wird. Er gibt uns aber auch die Sicherheit, dass der große Erfolg für unseren Hund ausfällt, wenn er unseren Ruf ignoriert. Also falls wir doch gerufen haben, als die Katze gerade unseren Weg gekreuzt hat, wird trotzdem verhindert, dass unser Hund das große Jagdglück mit Minutenlanger Hatz in Folge des Rückrufsignals erlebt.
Mit dem Sicherheitsanker Schleppleine …
- muss ich nicht rufen wenn kein Erfolg garantiert ist
- kann ich selbstbelohnendes Verhalten beim Hund verhindern
Belohnung
Eine Belohnung ist immer etwas, das zur Situation passend, sich lohnt zu erhalten. Was für unseren Hund eine Belohnung ist, entscheiden deshalb nicht wir sondern unser Hund! Dafür müssen wir beobachten, ausprobieren und kreativ sein! Für den einen ist der schnöde trockene Keks oder die Freude seines Menschen schon ausreichend, und der nächste bevorzugt ein kleines Zerrspiel oder eine Hatz mit dem Spielzeug. Die Belohnung sollte immer der Situation angepasst ausgewählt werden. Wenn ich da an meinen Schäfi-Mix Rocko denke, der in der Ferne einen fremden Hund entdeckt, kann ich beispielsweise sein Zurückkommen auf Ruf damit belohnen, dass wir danach in die entgegengesetzte Richtung weiter gehen.
Beilspiele für Belohnungsmöglichkeiten:
- Futter mit verschiedener Wertigkeit
von Karotte über Trockenfutter bis zu fleischigen Schmankerln und nasses aus der Tube - Spiel je nach Vorlieben und angepasster Ersatzhandlung
> soziales Spiel ohne Objekt
> Zerrspiel mit dem Seil
> kleine Hatz mit dem Seil
> Kekssuche - Zweckgebundenes Verhalten ermöglichen
> dein Hund will schnüffeln, nach dem Abruf darf er genau an diese Stelle
> dein Hund will zu einem anderen, nach dem Abruf darf er zum anderen Hund
> dein Hund stürmt aus Unsicherheit/Angst auf etwas zu, lässt sich abrufen, als Belohnung führe ich ihn sicher mit genau Abstand dran vorbei
Die wichtigste Belohnung für unseren Hund und eine, die er IMMER bekommen sollte ist unsere Rückmeldung. Freu dich mit deinem Hund! Lächle ihn an und zeig ihm wie stolz du auf ihn bist, dass er das soooooo gut gemacht hat.
Was passiert nach dem Abruf?
Lass deinen Abruf nicht als Einzelsignal stehen. Gib deinem Hund einen Grund zu dir zu kommen. Probiere mal einen Perspektiven-Wechsel. Du bist gerade irgendwo beschäftigt und ein Freund ruft dich. Du lässt alles liegen und stehen und eilst herbei. Jetzt klopft er dir ermunternd auf die Schulter, sagt gut gemacht und geht weg. Wie ernst würdest du ihn das nächste mal nehmen, wenn er nach dir verlangt?
Zum diesem Thema gehört auch das “Anfeuern”. So lang dein Hund auf dem Weg zu dir ist, kannst du ihm mit klatschen, weichen Bewegungen, vielleicht sogar in die Hocke gehen, oder mit Anfeuerlauten “jajajajajaj, aufgehts, yippi” noch mehr motivieren auf dem Weg zu dir zu bleiben. Es macht Freude, ihr bleibt in Verbindung und es lässt euch mehr das Gefühl geben etwas gemeinsam zu tun.
Nach dem Rückruf kannst du beispielsweise…
- ein Signal dass dein Hund gern tut von ihm abfragen (Sitz, Trick, … )
- deinen Hund direkt in die Grundposition holen
- die Spielbelohnung einsetzen
- mit ihm einen neuen Gegenstand oder Ort erkunden
Wenn der Rückruf doch mal schief geht
Ruhe bewahren (geht am besten, wenn die Schleppleine dran ist ;) )! Wenn der Rückruf schief geht ist das einfach nur ein Zeichen dafür, dass du es noch nicht mit genug Ablenkungsreizen, an genug Orten, mit ausreichend attraktiven Belohnungen geübt hast. Das wichtigste ist, schimpfe deinen Hund nicht in der Situation in der er dann eventuell zwar verzögert aber eben doch zu dir zurückgekommen ist! Unser Hund bewertet den Moment und wenn der Moment in dem er deine Nähe aufsucht der selbe ist in dem er von dir einen Anschiss kassiert, dann wird er das nächste mal nicht lieber zu dir kommen.
Die Aufgabe:
3 Tage steht der Fokus auf dem Rückruf. 30 x am Tag das Rückrufsignal einsetzen – der Hund kommt 27 x bei 30 Rufen sofort und wird dabei so abwechslungsreich wie möglich belohnt.
Die Aufgabe ist die nächsten 3 Tage nicht, euren Hund aus schweren Situationen herauszurufen. Die Aufgabe ist den Abruf für deinen Hund zu festigen, wieder attraktiv zu machen und euch langsam an größere Herausforderungen ranzutasten. Die Aufgabe ist auch rauszufinden mit was ihr euren Hund in welcher Situation am besten Belohnen könnt.
Rufe ihn im Haus ab, Rufe ihn im Garten ab, Rufe ihn ohne Ablenkung beim Gassi ab.
Setze deinen Rückruf nur wenn du dir sicher bist, dass er auch kommen wird.
Geht lieber, speziell zu Beginn, auf Nummer sicher und animiert euren Hund auf euch zu zu rennen und erst wenn er dann freudig auf dem Weg zu euch ist, setzt das Abrufsignalwort.
Spreche das Abrufsignal nicht aus, wenn du der Meinung bist, dass er nicht kommen wird. Das heisst für die Freilauf-Hunde in unseren Reihen nicht, dass wir unseren Hund 3 Tage lang Katzen jagen lassen ohne zu handeln ;) Es wird für euch und auch euren Hund eine spannende neue Erfahrung sein, wenn sein Freilauf eben 3 Tage konsequent mit einer Schleppleine begrenzt wird.
Viel Spaß! Ich freue mich auf eure Rückmeldung!
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